Tag 14 bis 15 – Idyllwild bis Cabazon

Ich überlege mir kurz ob ich via hitchhike zurück auf den Trail soll oder die knapp 5 Meilen als Ausgleich zu meinem „Joker“ gehen soll. Der Entscheid ist schnell getroffen. Mein Ziel ist also noch vor dem Frühstück den Humber Park Trailhead zu erreichen. Als ich mein Zelt zusammen packte schienen alle anderen noch zu schlafen. Ich bin wohl der einzige der auf den hitchhike verzichtet. Also geh ich los. Bei meinem Weg durch Idyllwild stell ich fest, dass das Dorf noch viel grösser ist als ich annahm. Die Wohnhäuser befinden sich alle ausserhalb und keines gleicht dem anderen. Interessant. 

Nach gut zwei Stunden erreiche ich dann den Parkplatz und koche mir als erstes einen warmen Kaffee und streiche mir zwei Nutella Tortillas. Dazu gibt es je einen Mozerella und einen Wurst Stick. Und da treffen tatsächlich auch bereits die ersten hiker via hitchhike ein.

   

Wir unterhalten uns kurz und schon geht es weiter auf den Devil’s Slide Trail. Dieser Trail führt nach 2.6 Meilen zurück auf den PCT. Ich habe mich noch gefragt warum dieser Trail wohl Devil’s slide genannt wird. Naja, es war wohl der Treppenreichste Abschnitt über 1700 ft (ca. 500 Hm). 

Mein Vorsprung zu den anderen hält nicht lange an. Es liegt mir nicht so „gejagt“ zu werden oder selber zu „jagen“. Der Trail ist teilweise sehr eng und das kreuzen oder überholen ist nicht immer ganz einfach. Aber es ist nun mal so, dass es viele hiker unterwegs hat und jeder hat sein eigenes Tempo. Ab und zu ist es zwar ganz angenehm mit anderen mit zulaufen um auch mal das eine oder andere Gespräch zu suchen, aber beim alleine gehen fühle ich mich richtig frei.

Wir treffen uns dann auch schon alle wieder bei der Kreuzung zum PCT und nehmen einen kleinen Snack ein. Dabei stösst eine grössere Gruppe Boy Scouts auf uns. Sie erzählen uns, dass sie einen Ausflug auf den Peak gemacht haben und nun auf dem Heimweg sind. Ich war mir da nicht sicher welchen Peak sie genau meinten. Und machte mir auch keine weiteren Gedanken dazu. 

Es ging immer weiter aufwärts. Eigentlich nichts neues auf dem PCT. Nach knapp 2 Meilen treffe ich wieder auf die anderen und frag scherzhaft ob dies nun der Peak sei. Schliesslich befinden wir uns nun auf 8992 ft (ca. 2740 MüM). Die Antwort war lediglich ein nettes Lächeln und „see you on the peak“.  Ich ass meinen Riegel zu ende und schaute mal auf den Wegweiser. Der Trail zum Mt. San Jacinto Peak gehört nicht zum PCT, führt aber nach ca. 5 Meilen wieder auf ihn zurück. Also, was solls auf zum Peak. Bis zum Peak sind es noch 2.1 Meilen, also gar nicht so weit, dacht ich. Dabei habe ich aber zuwenig genau auf die Höhenmeter geachtet. Bis dahin sind es nämlich noch einmal 1755 ft. Langsam fing ich an zu realisieren auf was ich mich da eingelassen habe.

Ab und zu geht mir durch den Kopf: „Wie bescheuert muss man eigentlich sein, mit einem knapp 20 Kilo Rucksack auf über 10’000 ft zu steigen?“. Dabei dreh ich mich jeweils kurz ab vom Berg, geniesse die Aussicht und die Antwort hat sich erübrigt. 

     

Es wird immer kälter und der erste Schnee lässt nicht lange auf sich warten. Am Anfang waren es noch vereinzelte Schneehaufen am Rand des Trails und dann wurde es immer mehr. Das laufen auf dem gefrorenen Schnee war jedoch auch ohne Spikes, aber mit entsprechender Vorsicht und dem Einsatz der Trekking Poles, problemlos möglich.

 

Die letzten paar Meter auf die Spitze waren dann aber doch noch heikel. Der Schnee war extrem rutschig und es war kein klarer Weg erkennbar. Teilweise ein richtiger Balanceakt. Und dann die Erleichterung: „Ich stehe auf 10’834 ft (ca. 3’300 MüM). Wow so cool!“. Zeit für eine kleine Pause. Ich mach ein paar Fotos und setz mich dann hin um etwas kleines zu Essen. Dabei fällt mir ein, dass ich ja noch meine Büchse Arizona Iced Tea im Rucksack habe. Na dann, zur Feier des Tages drinke ich also auf dem Peak meinen Iced Tea.

 

Da treffen auf einmal die anderen von vorhin auf. Ich dacht sie seien bereits weiter, da ich sie nirgends angetroffen habe. Aber sie schienen sich beim Aufstieg kurz verlaufen zu haben. Da schaut mich der eine lachend an und fragt ob es ein versehen oder absicht war, dass ich eine Büchse Arizona Iced Tea hierauf getragen habe. Sie fanden es alle so lustig, dass ich seit dem den Trailname „iced tea“ trage.

Die Aussicht ist faszinierend. Ich geniesse sie noch einen Moment und mach mich dann mit den anderen, meinen Trail Taufpaten, auf zum Abstieg. Es ist doch schon viertel nach Fünf und wir haben noch ein paar Meilen zurück auf den PCT. Bis zur ersten Weggabelung ist der Abstieg noch ganz leicht. Anschliessend wird es durch den Schnee immer schwieriger den Trail zu finden. Wir verlaufen uns mehrmals und verlieren dadurch viel Zeit. Dank GPS finden wir dann aber wieder zurück auf den Trail. Ich werde müder und falle immer weiter von den anderen zurück. Jeder kleine Anstieg macht mir mehr zu schaffen. Es ist nun bereits kurz vor 19:00 Uhr und wir haben das Campground immer noch nicht erreicht. Auf einer Anhöhe hat es dann ein kleines Tentsite. Ich entscheide mich hier zu bleiben während die anderen die verbleibenden 2 Meilen bis zum Campgound noch weiter gehen. Ich bin froh als ich mein Zelt aufgestellt habe. Jetzt noch feine Chinesische Nudeln kochen und ab geht es in den warmen Schlafsack. Ich befinde mich immer noch auf über 8’000 ft und es ist A… Kalt. Ich nehm zur Sicherheit meinen Wasserfilter mit in den Schlafsack und lege mich schlafen.

Am nächsten Morgen sehe ich wie das Wasser in meiner Flasche gefroren ist. Es war also eine gute Entscheidung den Wasserfilter mit in den Schlafsack zu nehmen. Dieser wäre sonst nun hinüber. Entsprechend ist es immer noch sehr kalt und der warme Schlafsack hindert mich beim aufstehen. Also bleib ich halt noch eine weitere Stunde liegen. Kurz vor sechs schaff ich es dann aber dennoch mich in die kalten Kleider zu zwängen und alles wieder einzupacken. Heute will ich es in die Nähe von Cabazon schaffen. Knapp 17 Meilen, und es geht hauptsächlich abwärts mit 6’700 ft. 


Es ist schön nach dem gestrigem Gipfelsturm nun endlich wieder einwenig abwärts zu gehen. Zudem wird es mit jeder Meile die ich abwärts komme wieder wärmer. Und ich lauf nun mal lieber bei wärmendem Sonnenschein als bei klirrender Kälte. 



Heute habe ich einen weiteren Meilenstein erreicht. Die 200 Meilenmarke ist geknackt. Cool, wenn ich denke, dass ich noch vor 13 Tagen am südlichen Terminus stand. Mit den neuen Schuhen ist das gehen aber auch viel besser und angenehmer als vorhin. Ich spüre zwar immer noch meine Zehen und die einen Blasen, aber es gibt bis jetzt keine neuen Beschwerden. Und der Schmerz im linken Bein lies sich mit einer Sportsalbe nun auch schon fast eliminieren. So darf es weitergehen.

Langsam geht mir das Wasser aus. Auch wenn es hauptsächlich abwärts geht, brennt die Sonne wieder ziemlich stark und ich hab ziemlichen Durst. Da fällt mir ein, ich hab doch noch eine weitere Dose im Rucksack. Eine kleine Dose Cola. Seit Jahren habe ich keine normale Cola mehr getrunken, aber hier auf dem Trail freu ich mich gelegentlich sehr auf ein süsses Getränk. Ich habe zwar noch das Elektrolytenpulver mit dabei, aber es ist halt nicht das gleiche. Eine gute Meile später erreiche ich dann den Water Faucet bei mi 205.7.


Ich fülle meinen Wasservorrat auf und überlege mir ob ich noch ein paar weitere Meilen gehen soll. Hier hätte es gerade ein paar Tentsites und auf den nächsten 14 Meilen sehe auf der Karte keine weitere Möglichkeit. Ich bin in der Nähe von Cabazon und der Mesa Wind Farm. Der Wind blässt abartig fest. Vereinzelt ist es für wenige Minuten fast windstill und ich stell zügig mein Zelt auf. Zur Sicherheit spann ich heute alles ab und befestige meine Heringe zusätzlich mit grösseren Steinen. Ein anderer hiker meint noch zu mir: „Es gibt hier nirgends eine Stelle die vor dem Wind einigermassen geschützt ist.“ und zieht weiter. In der Nacht wach ich mehrmals auf weil der Wind so laut blässt und er mir mehrmals mein Zelt massiv eindrückt. Mein Zelt und ich haben die Nacht aber bestens überstanden. Das Abbauen war dann wieder sehr witzig. Der Wind und das Zelt schienen sich gegen mich verbündet zu haben. Schlussendlich konnte ich mich dann aber doch noch durchsetzen und das Zelt sauber verpacken.

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